Deutschland braucht eine Kampagne für FAMILIE
Mönchengladbach, den 04. November 2024
Im Nachgang des intergenerativen Fachtags „Raum für Mehr: Wie machen wir Deutschland mehrkindfamilienfreundlicher?“ des Verbandes kinderreicher Familien Deutschland e.V. bleibt eines klar: Diese Frage muss dringend sowohl politisch als auch gesellschaftlich beantwortet werden. Auf Grundlage des 45. Familienmonitors der Bundesregierung diskutierten Expertinnen und Experten mit kinderreichen Eltern am Samstag, den 26.10.2024 in den Räumen der Jugendherberge am Möhnesee, wie die Bedürfnisse von Familien mit mehreren Kindern besser bzw. überhaupt berücksichtigt werden können.
„Familienfreundlichkeit ist keine Frage einzelner Maßnahmen, sondern erfordert ein ganzheitliches Denken, das die Bedürfnisse aller Generationen im Blick behält. Große Familien in Deutschland brauchen vor allem mehr Sichtbarkeit und eine grundlegende Veränderung in der Wahrnehmung. Familie ist ein starkes Lebensmodell, das dringend eine Kampagne braucht, um als zukunftsfähig und modern verstanden zu werden. Oft fehlt es an einem Bewusstsein dafür, wie wertvoll kinderreiche Familien für die Gesellschaft sind. Wir brauchen ein Umdenken – weg von der Vorstellung, dass Familie eine private Angelegenheit ist, hin zu einer aktiven Anerkennung durch Politik und Gesellschaft“, bilanziert die Vorsitzende Dr. Elisabeth Müller.
Der Fachtag hat deutlich gemacht, dass familienfreundliche Politik nicht nur eine Frage von Unterstützungsangeboten, sondern von strukturellen Veränderungen ist. An das Bundesfamilienministerium gerichtet schlägt der Verband kinderreicher Familien Deutschland deshalb eine bundesweite Familien-Kampagne „GENERATION F: Familien stärken Deutschland“ vor mit dem Ziel, das Lebenskonstrukt „Familie mit Kindern“ zu stärken. „Diese Kampagne sollte zeigen, dass es für junge Menschen attraktiv ist, Kinder zu haben, ohne dabei auf Karriere oder persönliche Freiheit verzichten zu müssen. Doch die Rahmenbedingungen müssen angepasst werden, da sie in vielen Bereichen nicht stimmen“, bilanziert die Vorsitzende, selbst sechsfache Mutter. „Jetzt liegt es an der Politik, die vielen bereits vorhandenen Impulse aufzunehmen und in konkrete Maßnahmen umzusetzen.“
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Folgende Rednerinnen und Redner des Fachtags können wie folgt zitiert werden:
Frau Dr. Inés Brock-Harder, Vorsitzende des Verbandes für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie bkj, brachte die Wichtigkeit einer unterstützenden Umgebung in ihrer Keynote Lecture auf den Punkt: „Eine Gesellschaft ist nur dann reich, wenn es Kinder gibt. Die intergenerationale Brücke zu Geschwistern, zu Großeltern und Cousins und Cousinen sowie zu Tanten und Onkel beinhalten sehr wichtige Ressourcen für das gesunde Aufwachsen von Kindern. Eine Kindheit muss unter Kindern passieren.“
Anwesende Kommunalpolitiker wie der Bürgermeister a. D. Herr Dr. Clemens Götz und die Bürgermeisterin von Möhnesee, Frau Maria Moritz, waren sich einig und betonen die Bedeutung von Orten der intergenerativen Begegnung. Dr. Götz: „Familienzentren, die generationsübergreifend gedacht sind und Angebote bereits ab der frühen Kindheit bieten, sind entscheidend. Sie ermöglichen nicht nur den Familien, in einer Kommune anzukommen, sondern schaffen ein Heimatgefühl, das eng mit Familienfreundlichkeit verbunden ist. Solche Strukturen könnten dazu beitragen, dass sich Mehrkindfamilien – die häufig stärker auf ein unterstützendes Netzwerk angewiesen sind – wirklich willkommen fühlen. Kommunen sollten ihre vorhandenen Ressourcen
(z.B. Personal, Gebäude, öffentliche Räume, Vereinsstrukturen) so nutzen, dass sie miteinander vernetzt werden können, um Projekte wie ein Familienzentrum gründen und erhalten zu können. Oftmals ist Vieles schon da. Der Clou dabei ist, mit Angeboten im frühestem Krabbelalter anzufangen und über die verschiedenen Lebensphasen hinweg mitzuwachsen.“
Frau Maria Moritz: „Es braucht mehr Miteinander. Sich gemeinsam für die Sache einzusetzen, und v.a. auch an die Jugendlichen zu denken und die verschiedenen Lebensphasen zu berücksichtigen, ist für die Familienfreundlichkeit einer Kommune unglaublich wichtig.“
Frau Regina Maroncelli, Präsidentin des europäischen Großfamilienverbandes ELFAC, hob die Vorreiterrolle einiger Städte und Gemeinden im europäischen Netzwerk der „family friendly municipalities“ hervor: „Familienfreundliche Städte und Gemeinden werden in Europa bereits prämiert. Danzig und Trentino sind leuchtende Beispiele dafür, wie Gemeinden durch gezielte Programme Familienfreundlichkeit leben und sichtbar machen. Mit dem europäischen familienfreundlichen Netzwerk bringen wir die Familie zurück auf die Agenda und verändern langsam eine Kultur, die Kinder als Ärgernis und Last betrachtet. Ein europäisches Netzwerk bietet den Gemeinden einen zusätzlichen Anreiz, eine wertvolle Gelegenheit, bewährte Praktiken und neue Ideen auszutauschen, Beziehungen aufzubauen und Partnerschaften zu knüpfen. Mit family friendly municipalities wird jungen Menschen eine Stimme gegeben.“
Gerd Schreiner, Architekt und Landtagsabgeordneter in Rheinland-Pfalz, appellierte eindringlich an die Notwendigkeit einer inklusiven und generationsübergreifenden Wohnraumpolitik: „Kinderreiche Familien dürfen beim Wohnraum nicht abgehängt werden. Zum gesunden Aufwachsen und zur Steigerung der Familienfreundlichkeit ist die Umstrukturierung des öffentlichen Raumes hin zu einem nachhaltigen, grünen und sicheren Raum, in dem sich alle Menschen – Kinder, Jugendliche, Familien und Senioren – selbst gern bewegen können, unabdingbar.“
Claudia Siebner, Politikwissenschaftlerin, resümiert: „Geht es Familien gut, geht es der Gesellschaft gut! Deshalb müssen gerade Mehrkindfamilien endlich stärker in den Fokus der Politik rücken! Ob bei der Wohnsituation, den Bildungsangeboten oder der Einführung einer Mehrkindfamilienkarte – hier ist Deutschland oft noch nicht da, wo es sein sollte. Kinderreiche Familien müssen überall gleich stark unterstützt werden, egal ob man in einer Großstadt oder auf dem Land lebt. Der demografische Wandel ist zu 68 Prozent auf den Rückgang kinderreicher Familien zurückzuführen (vgl. BiB 2019). Vor dem Hintergrund der schlechten Geburtenrate muss es ein politisches und gesellschaftliches Umdenken geben“.
Hintergrund zum Fachtag 2024
Der Fachtag 2024 wurde vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Zum 9. Mal (nach dreijähriger Corona-Pause) fand er statt. Das Konzept ist dabei einmalig: eine durch den Verband durchgeführtes Kinder- und Jugendprogramm ermöglicht es, dass die Eltern – während die Kinder versorgt sind – sich inhaltlich weiterbilden und zu einem Thema austauschen. Nach dem Thema aus 2023 “Demokratiebildung und -förderung” drehte es sich dieses Jahr um „Raum für Mehr: Wie machen wir Deutschland für Mehrkindfmailien familienfreundlicher?“ Das Programm finden Sie hier https://www.kinderreichefamilien.de/eventreader/familienkongress-in-meschede.html
Über den Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V.
Der Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. (KRFD) ist im Jahr 2011 aus der Initiative engagierter kinderreicher Familien entstanden; vertritt 1,4 Millionen Mehrkindfamilien in Deutschland und setzt sich in Politik, Wirtschaft und Medien für ihre Interessen ein. Der Verband versteht sich als Netzwerk von und für Familien mit drei Kindern und mehr, die sich untereinander unterstützen und die Öffentlichkeit für ihre Anliegen erreichen wollen. Der Verband ist konfessionell ungebunden und überparteilich.
Pressekontakt
Dr. Laura Schlichting
Referentin des Bundesvorstandes
Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V.
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